Eine graue Dunstglocke sorgt für gleichbleibende Temperatur, typische Folge riesiger Vulkanausbrüche, nicht aber für nuklearen Winter.
Hätte die Erde keine Atmosphäre, würde sie die Energie des Sonnenlichts geradewegs wieder abstrahlen. Wassertropfen-Wolken und CO2 in der Atmosphäre halten etwas von der auf der Erde erzeugten Wärme – der Infrarotstrahlung – zurück, lassen aber das Sonnenlicht auf die Erde. Dadurch ist es auf der Erde wärmer als im Weltall.
Nachts, wenn eine Hälfte der Erde nicht beschienen wird, kühlt diese ab, und zwar besonders stark in klaren Nächten und entsprechend weniger unter einer Wolkendecke. Dies gilt ebenso für die Tage: im Sommer und Winter erleben wir extreme Temperaturen nur bei klarem Himmel. Bei bedecktem Himmel nähern sich Sommer- und Wintertemperaturen einander an.
Stellt man sich nun vor, dass die Erde überall in Wolken gehüllt wäre, würden sich auch die Temperaturen der verschiedenen Klimazonen etwas angleichen. Daraus könnte sich theoretisch ein Mittelwert von 15°C ergeben. Vermutlich würde es dann sogar etwas wärmer, weil durch die Reduzierung der Photosynthese die Pflanzen weniger CO2 umsetzen und dieser Kohlendioxidüberschuss seinerseits Wärmestrahlung auf die Erde zurückreflektiert (Treibhauseffekt).
Dieses Modell eines bewölkten Himmels und einer gleichmäßigen, warmen Temperatur entspricht etwa dem, was meine Probandinnen/en über das Klima nach der Katastrophe sagen:
„Der Himmel ist eine graue Dunstglocke“ (Almut 82)
„Himmel und alles unendlich grau, wie im Nebel“ (85)
„Der Himmel ist diesig. Keine Wolken, kein Rauch.
Da steigt nichts auf, aber da oben hängt was, was mal aufgestiegen ist, eine Schicht.
Die Sonne kann ich nicht sehen, es ist grau.“ (Vera)
„Der Himmel ist dunkler, so wie wenn die Sonne nicht soviel scheint, so grau.
Aber ich sehe keine Wolkenbilder, mehr eine große graue Fläche ohne Form.“
– Ist es kalt da?
„15 C° Grad. Es ist immer dasselbe Wetter.“
– Gibt es nicht Sommer und Winter?
„Nein.“ (Gabriele M.)
„Sommer und Winter gibt es nicht“ (Karin)
„Öde, gelbe, warme Landschaft“ (62)
„Es ist hell und angenehm warm“ (Vera, etwas später)
Auch Gabi berichtet von einem Nebel, der sie an Smog erinnert:
– Wie fühlt sich das an, wenn du es einatmen würdest?
„Komischerweise nicht unangenehm; es macht nur alles so düster. Feucht ist es. (…)
Es scheint warm zu sein, sie (die Leute) haben wenig an, es ist anders als hier“. (Gabi)
„Der Himmel ist hellblau. Die Sonne ist irgendwo da, aber irgendwie verdeckt, so dass sie mich nicht blendet, wie hinter einer hellen Wolke, es ist wieder hell.“ (Isolde)
Isolde hat während ihrer Zeitreise nie Dunkelheit gesehen oder beschrieben. Woher weiß sie, dass es „wieder hell“ ist? Vera beschreibt erst eine bedrückende Düsternis, wenig später, als sie mit den Frauen umherwandert, ist es schon „hell und warm“. Offenbar wird die graue Schicht langsam dünner. Als Christiane Berlins Ruinen beschreibt, ist dort der Himmel bereits wieder blau.
Doch woher kam diese graue Schicht? Es kann Staub des Kometenschweifs sein, der von der Gravitation der Erde eingefangen – eine Schicht bildet – so wie auch heute die Erde von einem feinen Hämatitschleier, den Resten eines Meteoriten, umhüllt ist.
(C.F. Bohren & J.J. Olivero, Nature, Vol. 310, 1984, S.216-218)
Oder diese Schicht bildete sich aus Asche, Staub, Dampf und Kohlendioxid aus den ja ausführlich beschriebenen Vulkanausbrüchen. Die Gase, die aus Vulkanen entweichen sind zusammengesetzt aus: 65 – 80% Wasserdampf, 10-25% Kohlendioxid und bis zu 10% Schwefelverbindungen. (F.L. Boschke, Die Welt aus Feuer und Wasser, Stuttgart, 1981)
Einige der Beschreibungen weisen in diese Richtung; sie erwähnen die gelbliche Farbe des Schwefels und seinen Geruch. Schwefel ist ein typisches Produkt von Vulkanen. Viermal taucht bei der Beschreibung der Luft der Begriff „milchig“ auf. Das erinnert mich aber an das Aussehen der stark schwefel- und kohlendioxidhaltigen Luft Berlins (1983).
„Milchig giftige Schichten um die Erde“ (Anke 82)
„Milchige Nebelschwaden“ (Theresa)
„Der Himmel ist milchig weiß“ (Barbara 82)
„Der Sonnenschein ändert sich in milchig-gelb“ (50)
„Dunstig, gelblich. Es riecht auch so schweflig. Sehr warm“ (Silvia)
Auch Stefan sah auf der Erde einen gelblichen Staub. Ich bat ihn, ihn in die Hand zu nehmen und daran zu riechen. Stefan antwortete, dass er eine kristalline Struktur habe und nach Schwefel rieche.
„Der Himmel ist eingestäubt, Ascheregen, aber nicht giftig“ (Christine 82)
Auch der Staub, der am Ende der Kreidezeit den Himmel verdunkelte, bestand zum Teil aus Vulkanasche und zum anderen aus dem Asteroiden (oder Kometenkern), der auf der Erde explodiert war. Heute zeigt sich dieser Staub als rund um die Erde nachweisbare Kaolinschicht mit eben jenem verräterisch hohen Iridiumgehalt. Wie bereits beschrieben, verdunkelte jene Staubschicht am Himmel die Erde damals über Monate, vielleicht auch einige Jahre, so dass die Pflanzen verfaulten. Müsste es dann auf der Erde so ohne Sonnenlicht nicht auch sehr kalt geworden sein? 0ffenbar nicht. Von einem gemäßigten, feuchten Klima zeugen die an die Grenzschicht zu Bewginn des Tertiär anschließenden Sporenpflanzen: Farne, Moose, Pilze, Pflanzen, die auch bei extrem wenig Licht gedeihen können.
Dass es zu keinem Kälteeinbruch kam, davon zeugen auch die Krokodile. Sie gehören zu den wenigen Sauriern, die jene Katastrophe vor 65 Mio. Jahren überlebten. Im Gegensatz zu den ausgestorbenen Sauriern sind sie keine Pflanzenfresser und sie leben auch nicht im Meer, dessen Nahrungskette damals ebenfalls zerstört worden war. Krokodile sind Fleischfresser und leben im Süßwasser. Aber sie sind sehr temperaturempfindlich, einen Temperatursturz hätten sie nicht überlebt. (E. Buffetaut, Nature, Vol. 310, 1984, S.276)
Ganz anders entwickelt sich das Klima nach einem Atomkrieg, und zwar schon bei einem Einsatz von nur O,5 – 5% der vorhandenen Bomben. In diesem Krieg würde die Temperatur innerhalb von Tagen auf minus 25°C sinken und erst nach ca. drei Monaten wieder auf 0°C steigen. Der Atomkrieg unterscheidet sich in seinen Folgen von Vulkanausbrüchen und Kometenbegegnungen darin, dass er vor allem Brände auslöst, oder besser gesagt, Feuerstürme. Brennende Städte, Ölraffinerien etc. produzieren dabei sehr viel Russ. Dieser Russ wird durch die Feuerstürme in extreme Höhen gerissen, bis in die Stratosphäre. Der schwarze Russ absorbiert dort das Sonnenlicht, erwärmt sich dabei und steigt dadurch noch höher. Dabei erwärmen sich auch die obersten Schichten der Atmosphäre von bisher minus 60°C auf plus 5°C; es entsteht eine Inversionslage. Normalerweise steigen Wasserdampfwolken von der warmen Erde auf in die höheren Luftschichten, wo sie sich abkühlen und dann abregnen. Dieser reinigende Effekt bleibt nun aus.
Der entscheidende Unterschied zum Staub aus Vulkanen ist die Teilchengröße des Russes: Russpartikel sind kleiner als die typische Infrarotwellenlänge von zehn Mikrometern. Deshalb schirmt Russ die Wärme der Erde nicht ab, reflektiert sie nicht auf die Erde zurück, wie dies beim Staub der Fall ist. Stattdessen absorbiert schwarzer Russ das Sonnenlicht, während Staub das Licht eher streut als absorbiert.
Dieser Russ, der so hoch steigt, wird auch auf die südliche Hemisphäre wechseln und sich dort verteilen. Kein Teil der Erde wäre von dem dann zu erwartenden Frost von etwa minus 25 Grad Celsius ausgenommen.
Eine so lange Zeit in Frost und Dunkelheit können aber nur wenige Pflanzen und Tiere überleben. Diese müssten dann auch noch mit der radioaktiven Verseuchung durch die Bomben und die zerstörten Atomkraftwerke fertig werden. Die nach der Dunkelheit aufkeimenden Sämlinge müssten außerdem der UV Strahlung widerstehen, die nun die Erde verstärkt treffen, da das durch die Atombombenexplosionen entstandenen Stickoxid die schützende Ozonschicht zerstört hätte. Und sie müssten wohl auch ohne Sauerstoff auskommen, zumal die Photosynthese der Pflanzen wegen Dunkelheit und Frost monatelang, vielleicht jahrelang ausbliebe.
Ist dieses Szenario eines „nuklearen Winters“ realistisch? Verschieden Arbeitsgruppen und Institute haben dieses Problem untersucht und sind mit ihren Berechnungen alle zum selben Ergebnis gekommen.
(Paul J. Crutzen & Christoph Brühl, Max Planck Institut für Chemie, Mainz,1948, Curt Covey, et al. Nature, Vol 308, 1984, S. 21-26, Nationale Center for Atmospheric Research, Boulder, Colorado, dessen Resultate bestätigt wurden durch eine sowjetische Studie von V. Y. Alexandrov & G.L. Stenchikov. In diesem Text bezog ich mich hauptsachlich auf R. P. Turco, J. C. Sagan, et.al. in Scientific American, Vol. 251, 1984, s.23-33)
Eine Reihe von Wissenschaftlern kritisieren die Berechnungen; vor allem der „Falke“ und Erfinder der Wasserstoffbombe Edward Teller. (Nature, Vol. 310, 1984, S. 621-624) Sie kritisieren, dass man die dämpfende Wirkung von CO2 und Wasserdampf, die ja bei solchen Bränden ebenfalls entstehen, nicht genügend berücksichtige. Aus verständlichen Gründen hat die amerikanische Regierung jetzt verschiedene Institutionen beauftragt, dieses Szenario von Crutzen mit eigener Forschung zu widerlegen.
Stimmt dieses Szenario des „nuklearen Winters“ aber, dann ist das, was meine Versuchspersonen beschreiben, keine durch einen Atomkrieg verschuldete Dunkelheit, sondern eine, entstanden durch Staub von Vulkanen und oder Kometen.