Vulkanismus
Wo in Deutschland Vulkane ausbrechen können, warum und wie dies aussehen könnte.
Zu leichten Erdbeben kommt es in Deutschland ab und zu in der Gegend von Köln, in der Eifel und der schwäbischen Alb: Auch gilbt es Vulkane, wie den Vogelsberg, doch sie stammen aus geologischer Zeit und rühren sich längst nicht mehr.
Als nun in den Gruppenexperimenten fast die Hälfte der Katastrophenbilder Vulkanausbrüche und Erdbeben beschrieben, hielt ich dies für Phantasieprodukte, Bilder, die einem automatisch einfallen bei der Aufforderung, sich eine Katastrophe vorzustellen.
Durch Zufall fiel mir zwei Jahre später das Buch von H.D. Heck in die Hand: „Erdbebengebiet Deutschland“ (Deutsche Verlagsanstalt, 1980). Darin erfuhr ich, dass die Schwäbische Alb das „Erdbebenzentrum Mitteleuropas ist, sowohl nach Häufigkeit wie nach stärke der Beben.“ (S.106). Denn ganz Mitteleuropa von den Alpen bis zur Nordsee unterliegt einer großräumigen Druckspannung von Nordwest nach Südost. Die Abbildung zeigt den Scherbruch, der sich offensichtlich 1911 auf der Schwäbischen Alb gebildet hat. Er verläuft quer zu Hohenzollerngraben und etwa im Winkel von 45° zur Richtung der Kompressionsspannung des Gesteins.
Grafik aus H. D. Heck, „Erdbebegebiet Deutschland“, DVA, 1980
„In den hell schraffierten Zonen sind Maximalintensitäten von VII (leichtere Gebäudeschaden, fallende Ziegel), in den dunkel schraffierten Intensitäten von VIII (Giebeleinstürze und andere schwere Schäden) aufgetreten.
Die Aktivitätszone auf der Schwäbischen Alb hat »lntensitätszungen« bis nördlich von Tübingen und nach Osten ins obere Donautal vorgeschoben. Auch in Oberschwaben und rund um den westlichen Bodensee haben Beben Intensitäten von VIII erreicht.
Das Zentrum der Intensität VIII westlich von Köln ist auf die dortigen vereinzelten Bebenmagnituden über 5 zurückzuführen.
Das Oberrheintal dagegen ist mit Bebenherden stellenweise dicht besetzt, die aber nur an einer einzigen kleinen Stelle eine Intensität von VIII erreichten: am Nordabhang des alten Vulkans Kaiserstuhl. Eine Karte der Maximalintensitäten zeigt also das ermittelte Erdbebenrisiko eines bestimmten Gebietes aufgrund eindeutiger Beobachtungen über Jahrhunderte. Dennoch sind die Angaben mit großen Vorbehalten zu verwerten.“
(aus H. D. Heck, „Erdbebegebiet Deutschland“, DVA, 1980, S.111)
„Wenn hart-kristallines Material geringer Scherfestigkeit, etwa ein Betonklotz unter allseitigem Druck, zwischen zwei Stahlbacken einer zunehmenden Druckspannung ausgesetzt wird. zerbirst das Material schließlich mit einem Bruch, der diagonal, etwa im Winkel von 45° Grad, zur Richtung der Druckspannung verläuft.
Sobald der Bruch den Materialklotz durchsetzt hat, kann der obere Materialkeil auf der Bruchfläche schräg abgleiten (scheren) und dadurch der Druckspannung nachgeben (Pfeile zeigen Relativbewegung). Wird dann die Druckspannung wieder erhöht, können sich die Ränder einer nicht glatt verlaufenden Bruchfläche zunächst über ihre Unebenheiten ineinander verkeilen. Erst wenn der Druck wieder so stark angewachsen ist, dass die Haftreibung überwunden wird, kommt es zu einer schlagartigen Spannungsentlastung: ruckartig gleitet wieder der obere Keil auf der Bruchflache schräg abwärts.“ (H. D. Heck 1980 S.45 „Erdbebegebiet Deutschland“ DVA)
Ein anderer Bruch – nur viel älter und bereits mit Vulkanen an seinen Rändern garniert – ist der Rheingraben. Er entstand nicht durch horizontalen, sondern durch vertikalen Druck, Unter dem Oberrheintalgraben stieg Magma hoch – höher als normal – und wölbte die Erdkruste darüber auf. Wegen der Dehnung riss das Gestein und zwar in parallelen Rissen. Das Mittelstück, nun gelöst vom Rest der Platte, sank herab und füllt den Platz, den die Dehnung geschaffen hat, aus. Die Krustenränder auf beiden Seiten sind heute Schwarzwald und Vogesen.
Weiter schreibt Heck: „Durch die aufgebrochenen Spalten hat das empordringende Magma an manchen Stellen Wege bis zur Oberfläche gefunden und Vulkanmassive gebildet: bei Freiburg den Kaiserstuhl, weiter nördlich die Eifel. Derartiges könnte sich auch künftig ereignen.“ (S.39) „Die noch intakten Schollenränder – Westabhänge von Schwarzwald und Odenwald sowie die Osthänge von Vogesen und Pfälzer Wald haben die Tendenz auseinander zu driften. Der Schwarzwald driftet gegenüber den Vogesen nach Nordosten. Die tektonischen Vorgänge die auch zur Bildung der Vulkangebirge des Kaiserstuhls und der Eifel geführt haben, gehören keineswegs der erdgeschichtlichen Vergangenheit an, sondern entwickeln sich weiter. „(S. 37) Dies bestätigen auch die Geologen Büchel und Lorenz. Neue Altersbestimmungen der Eifeler Maare haben ergeben, dass nicht alle bei einem einziges Ereignis entstanden waren, sondern immer wieder neue aufbrachen. Verteilt über die Zeit von 35.000 – vor 7.000 Jahren. Da sich das Rheinische Schild messbar weiter hebt und die seismische Aktivität dort weitergeht, lässt sich ein Wiederaufleben des Vulkanismus nicht ausschließen. (Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, 1982, Vol. 163,H1, S.1-22 G. Büchel & V. Lorenz)
Tatsächlich sahen jene Gruppen, die heute in der Nähe bekannter Erdbebengebiete wohnen bei dem Experiment öfter Vulkanausbrüche als andere. In München berichtete keine einzige Versuchsperson von Vulkanismus. In Stuttgart und Tübingen – also in der Nähe der Schwäbischen Alb – waren es schon 38% der Teilnehmerinnen. Auch bei den Experimenten in Hamburg und Berlin tauchten Bilder von Vulkanismus auf, aber zu einem viel geringeren Teil und nicht an diesen Orten selbst stattfindend, sondern irgendwo in Deutschland.
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